Seltsamerweise unterschätze ich gerne den Domino-Effekt, der traditionell mit vergleichsweise einfachen Systemänderungen einhergeht. Eigentlich wollte ich nur eine neue Systemfestplatte in meine Ubuntu-Kiste einbauen. 320GB Western Digital (PATA) mit 30.000 Betriebsstunden ‚raus, neue Samsung 1TB (SATA) rein. Ähnliche Prozeduren habe ich schon x-mal gemacht, sollte also nebenbei zu erledigen sein. Dennoch musste ich mit frei nach Murphy auch noch mit defekten CD-Rohlingen, streikenden Grafikkarten und kleinen Font-Größen in Xorg ‚rumschlagen.
Am Anfang lief’s auch durchaus flott. Direkt einen freien Slot im Gehäuse gefunden, auch sogar noch ein „gutes“ AWG26-SATA-Kabel auf Vorrat. Eingebaut, angeschlossen, zur Kontrolle einen Reboot. Perfekt, „fdisk -l“ erkennt die Platte. Seltsamerweise habe ich aber nun vertikale Linien in der XServer-Ausgabe und auch im Textmodus stimmt irgendwas mit der Grafik-Ausgabe nicht, mein Beamer will sich gar nicht mehr auf das Signal im Textmodus synchronisieren. Großartig, da hat wohl die Grafikkarte ein Hitzeproblem.
Jetzt aber erstmal die Festplatte fertig machen: Wieder ‚runterfahren und mit grml-CD booten. Mist, zu spät F8 gedrückt. Reboot^2. F8,F8,F8,F8,F8,F… USB-DVD-Laufwerk auswählen. Wow, grml erkennt sogar den nvidia-Netzwerkchip und macht DHCP.
Dann mit dd den kompletten Inhalt von der alten Platte auf die neue spiegeln: dd if=/dev/sda of=/dev/sdf bs=1024k conv=notrunc,noerror — bloß nicht die Platten verwechslen. Per ssh auf der grml-Kiste eingeloggt und von Zeit zu Zeit ein kill -USR1 an den dd-Prozeß geschickt, um den Stand der Dinge abzufragen: Satte 50MB/s. Bei 320 GB heißt es also etwa 2 Stunden warten. Zeit zum Essen.
Gestärkt geht es zurück an den Patienten: Platte erfolgreich dupliziert, also Reboot. Immer noch Grafik-Probleme und System hängt nach „Kernel alive“. Keine Möglichkeit, andere Konsolen zu aktivieren, sshd ist natürlich auch tot. What nu? Richtiger Kernel-Crash war es wohl nicht, denn Ctrl-Alt-Delete führt zum Reboot. Auch diesmal eine lange Denkpause nach „Kernel alive“, aber plötzlich ist der XServer dann doch ganz normal gestartet. Blick in die Logs: Die Kiste hatte ausgerechnet beim letzten Bootvorgang wohl ein routinemäßiges e2fsck auf eine der anderen Festplatten gemacht, daher die lange Pause beim Booten. Und wegen der seltsamen Grafikprobleme bekam ich im Textmodus nix davon angezeigt. Grr.
Okay, nun heißt es noch Grub mitzuteilen, dass er zukünftig von der neuen Terabyte-Platte starten soll. Ehm, das musste man offenbar zumindest früher so machen. Jetzt stehen in /boot/grub/menu.lst vermehrt UUIDs, vielleicht muss man sich gar nich tmehr mit (hd0,0) & Co. herumschlagen. Fazit nach minutenlanger Grübelei: Beim Spiegeln mit dd wurde auch die UUID der Partitionen der alten Platte auf die neue kopiert, in grub ist also wohl gar keine Änderung nötig. Wieder ‚was gelernt.
Also erneut shutdown -h now und alte Platte endgültig abklemmen. Dann im BIOS neue SATA-Platte als Startplatte ausgewählt. Perfekt, Grub bootet Ubuntu bis auf die bekannten Grafikprobleme erolgreich von der neuen Platte. Logischerweise werden jetzt nur 300GB von den 960GB der neuen Festplatte genutzt, also müssen jetzt noch die Partitionen angepasst werden. Das geht natürlich nicht im laufenden Betrieb, denn es ist ja die Systemfestplatte.
Wieder Reboot und eine Gelegenheit mal die neue Parted Magic-Live-CD zu testen. F8,F8,F8,F8,F… Erster Versuch: Geht nicht, Rohling kann nicht gelesen werden. Arrgh. Neuen Rohling suchen & brennen. Wäre ja nicht so schlimm, wenn PC und USB-Laufwerk nicht in getrennten Räumen stehen würden. Zweiter Versuch, mit neuem Verbatim-Rohling: F8,F8,F8,F8,F… Success. Parted Magic bootet. Doch Moment, die Schriftgröße im XServer ist ja winzig, da kann ich nix lesen. Wie ändert man die Font-Größe bei Xorg? Langes Herumprobieren, Ctrl-Alt-Backspace, Ctrl-Alt-+, Ctrl-Alt–, keine Änderung. Frust.
Also Parted Magic ‚raus, Knoppix ‚rein. F8,F8,F8,F8,(langsam würde es sich lohnen, die Default-Boot-Reihenfolge im BIOS zu ändern)…F8,F8,.. GParted aufgerufen und … wtf?! … Wie lautet das Passwort für root?? Bei Knoppix? Leeres Passwort wird nicht akzeptiert. Also gut, Konsole geöffnet, sudo -s, passwd. Fein, jetzt kann ich auch GParted starten. Die letzte Partition auf der neuen Platte soll vergrößert werden, da die aber Teil einer erweiteren Partition ist, muss zuerst die „erweiterte Partition“ auf maximale Größe erweitert werden und dann erst die eigentliche Partition selbst. Klappt wunderbar mit Gparted, das zuvor erforderliche e2fsck braucht aber wieder Zeit.
Einige Zeit später zurück am Bildschirm: Seltsam, GParted läuft nicht mehr. War wohl fertig. Kurze Kontrolle mit erneutem Aufruf von GParted: Jupp, sieht gut aus. Reboot.
Wieder zurück in Ubuntu: Check mit fdisk -l und df -h: Offenbar war doch etwas mit GParted schiefgelaufen: Die Partition hat zwar nun die korrekte Größe, aber das Dateisystem wurde nicht angepasst, die Partition ist vermeintlicherweise immer noch proppevoll. Seltsam, das macht GParted doch normalerweise auch? Also von Hand: umount, resize2fs: Ätsch, „run e2fsck first“. Damn. Wieder 20 Minuten warten. Dann endlich resize2fs /dev/sdf6 … und wir sind fertig. df -h meldet 600GB freien Speicherplatz. Welch schöner Anblick ;-).
Und mir fällt ein, dass ich vor exakt 10 Jahren noch ’ne Menge Geld für eine 1,2 GB-Festplatte ausgegeben hatte. Vermutlich werde ich in weiteren zehn Jahren beim Einbau meines neuen Zetabyte-Holospeicher auch nostalgisch an diese erste Terabyte-Platte denken 😉
Nur die Grafikprobleme, die sind immer noch da. „Hübsche“ vertikale Streifen im Bild. Aber das hebe ich mir für einen anderen Tag auf 🙂