In den Apfel gebissen

Die nigelnagelneue Versuchung ist silber, hat einen Alu-Unibody, ein mattes 15″ HD-Display und hört auf den Namen MacBook Pro.

Ist leider nicht meins, aber ich darf immerhin gelegentlich damit arbeiten. Das ist zugleich mein bisher längster Kontakt mit einem Mac, wenn man mal von den Gehversuchen mit einem G3 und OS 8/9/10 bei der Saarbrücker InfoWiss absieht. Der erste Instinkt ist natürlich erst mal staunende Begeisterung. Es ist ein weiter Weg gewesen von den schnöden beigen oder schwarzen PC-Kisten hin zu modernen Arbeitsgeräten, die richtige Design-Leckerbissen und auch bei der Nutzung ein haptisches Erlebnis sind.

Die Bedienung des MacBook und von OS X wird auch allen Lobeshymnen und dem hohen Preis gerecht. Zwar gibt es hie und da kleinere Gewöhnungsprobleme für Linux/Windows-Umsteiger, aber bei weitem keine Showstopper. Allerdings bin ich es auch gewohnt, mich auf verschiedenen Plattformen schnell zurecht zu finden — seit Jahren wechsele ich je nach Aufgabe zwischen diversen Linux-Derivaten und Windows-Versionen. Zudem hat man gerade bei den Linux-Desktops Gnome und KDE in den letzten Jahren zunehmend mehr Möglichkeiten, typische MacOS-Desktop-Eigenschaften und sonstige Funktionen zur einfacheren Bedienung nachzubilden. So sind beim Umstieg Linux nach Mac viele Dinge vertrauter als beim Umstieg von Windows zu Mac. Hie und da „hängt“ man unter Mac OS etwas länger fest, zum Beispiel weil es keine Option im Kontextmenu zum Umbenennen einer Datei gibt. Als erprobter „Rechte-Maustaste-Klicker“ muss man erst mal wieder andere Gewohnheiten antrainieren — in diesem Fall das einfache Klicken mit der linken Maustaste. Dabei geht’s unter Windows und Linux doch (auch) so. Duh! Nichts anderes als eine „Trainingsfrage“ sind auch die ungewohnten Tastaturkombinationen mit den Apple/cmd-Tasten. Ich werde wohl noch einge Zeit ctrl+c statt cmd+c zum Kopieren drücken ;-). Auch die zahlreichen Varianten mit der fn-Taste sind nette Gehirntrainingsübungen (beispielsweise fn+Backspace für eine PC-übliche Delete-Taste oder die fehlenden PgDown/PgUp). Zwanzig Jahre lang antrainierte Handgriffe kann man nicht über Nacht ablegen.

Ganz so robust wie oftmals gepriesen ist das MacOS aber wohl doch nicht — ich habe das MacBook auch schon nach kurzer Benutzung zum Absturz (oder zumindest zum Einfrieren) gebracht. Die Widgets waren wohl irgendwie schuld — ein Tastendruck auf F4 und plötzlich ging nix mehr. Leider kannte ich die Tastenkombination für einen Warmstart/KillProcess zu der Zeit noch nicht. Aber Kaltstart gibt es auch bei einem Mac ;-).

Als Linuxer freut man sich natürlich vor allem über das Terminal, das einen Kommandozeilen-Zugriff auf viele Funktionen der Unix/BSD-Schicht unter der OSX-Haube bietet. Auch an Software läuft alles was man braucht — in den meisten Fällen ohne nochmal viel Geld auszugeben: OpenOffice, Eclipse, Inkscape, Gimp, VLC, FileZilla, Firefox — die vertrauten Open-Source-Produkte gibt’s auch für Mac. Und zur Not hat man eben BootCamp, Parallels oder VirtualBox und damit beliebige Betriebssysteme zur Hand. In das OS integrierte Gadgets wie die virtuelle Desktop-Erweiterung „Spaces“ kennt man zwar schon (funktionsreicher) von Linux, aber sind dennoch willkommene Features, die in Windows noch nicht selbstverständlich sind.

Tippen auf dem MacBook ist eine besondere Freude: Die Tasten haben einen perfekten Druckpunkt und die je nach Raumhelligkeit variierende Tastaturbeleuchtung ist ein kleiner Gag mit grosser Wirkung. Ebenso ist das Multi-Touchpad eine gewitzte Usability-Errungenschaft: Zwei-Finger-Scrollen, Drei-Finger- und Vier-Finger-Window-Management gehen innerhalb kürzester Zeit in Fleisch und Blut über, ganz zu schweigen von den intuitiven Möglichkeiten zum Rotieren und Vergrössern in Bildbetrachtungsprogrammen.

Das HD-Display ist ohne jegliche Macken, grossartiger Einblickswinkel, hohe Auflösung und in der Matt-Version auch ohne irritierende Schminkspiegel-Funktion.

Einzige Wehmutstropfen an diesem Gerät sind die wenigen USB-Anschlüsse (selbst mein Billig-11″-Netbook hat mehr) und der Apple-Sonderweg beim Display-Anschluss, der weiteren Zubehör-Kauf in den meisten Fällen unvermeidlich macht. Dabei wäre sicherlich genügend Platz für einen Standard-HDMI-Anschluss. Immerhin gibt es auch weiterhin die Standard-3.5mm-Klinke-Audioausgänge, die bei den 13″-Macs wohl allmählich durch eine Kombibuchse ersetzt werden.

Die Chancen, dass mein nächstes Notebook auch ein Produkt aus dem Hause Apple wird, sind nun also deutlich gestiegen. Insgesamt überzeugt die Apple-Philosophie des „einfach loslegen“ und „alles aus einem Guss“, so dass man sich auf die eigentliche Arbeit konzentrieren kann. Ein iPad durfte ich auch schon als (zur Zeit noch weitesgehend sinnloses, aber sicherlich vielversprechendes) Spielzeug kennenlernen. Aber da nun ja ein MacBook verfügbar ist, steht auch der App-Entwicklung für dieses Apple-Tablet nichts mehr im Wege. Mein Handy wird aber wohl weiterhin ein Android-Modell bleiben.

Den Verlockungen der „süssen Frucht“ kann somit auch ich kaum widerstehen. Ähnliche „Gewissenskonflikte“ kann man auch bei Jojo aka Johannes Kretschmar bestaunen.

Schreib einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen